Der erste Sprung!

Vorgeschichte – scheiss Höhenangst

Vielleicht bin ich nicht normal, ich liebe Reisen, aber nicht als normaler Tourist, sondern auf eigene Faust mit einem kleinen indischen PickUp. Die Kiste ist extrem, Reisen wie 1940, es gibt keine Ersatzteile in Europa, in 6 Wochen Urlaub sind 5 Pannen normal.

Das ist aber keine normales Reisen, so nach Frankreich an den Strand, sondern eher eine Expedition in wilde Gegenden um Land und Leute kennen zu lernen, besonders angetan hat es mir der Balkan.

Ich liebe einfach die Wildheit des Balkans, alles ist extrem, die Sonne, die Gerüche, die Menschen in ihrer Ursprünglichkeit, die Berge, aber auch die Straßen.

Ich bin des öfteren Straßen gefahren die wir „zivilisierten Mitteleuropäer“ „Highway of Death“ nennen, also einspurige Straßen, die eigentlich Schotterpisten sind, immer am Berg lang, also auf der einen Seite Fels und auf der anderen Seite ein Abgrund der schon mehrere hundert Meter tief sein kann. Und das mit Gegenverkehr, so dass ich bei Überholvorgängen aus dem Auto sehen muss um einschätzen zu können ob es bis zum Abgrund noch 5 oder 10 cm sind.

Ja, solche Straßen sind fahrbar, natürlich mit der nötigen Vorsicht. Nur habe ich ein Problem – zwischen den Ohren. Ich habe einfach Höhenangst, tierische, extreme Höhenangst, ich steige nicht einmal auf ein Stuhl. Wenn der Abgrund nicht wäre würde ich einfach fahren, ohne Rücksicht auf Verluste. Aber am Abgrund schiebe ich Panik! Richtig starke Panik, regelmäßig schiebe in ich in Panik. Also feuchte Hände, schwitzen, zittern, teilweise kotze ich vor Panik mir die Seele aus dem Leib.

Ich liebe aber diese Reise so sehr, dass ich diese Panik akzeptiere, es gehört einfach zu mir und mein Leben, es ist so eine Art Hassliebe, es sind Gefühle von so einer Intensität, einfach unbeschreiblich. Und ich bin nicht bereit auf diese Erlebnis zu verzichten nur weil ich Angst habe, Angst gehört einfach zum Leben, so wie Schmerz, Liebe und Freude. Entweder plätschert das Leben so beliebig vor sich hin, ich nenne so ein Leben immer „biologischen Ausschuss, verschwendet durch sinnloses vegetieren“ oder ich lebe mein Leben mit seinen Gefühlen, mit allen Tiefen und Höhen, nur muss ich dann die Extremen akzeptieren. Rechts oder links, ich habe mich für Leben entschieden. Leben wie eine Sinuswelle!

Urlaub mit Frau Nachbarin – Schwanz einziehen geht nicht!

2015 bin ich mit meiner EX-Nachbarin und ihrem Kind in den Urlaub gefahren. Ich empfinde sie als extrem attraktiv, ich mag ihr Kind. Sie ist nach meinem Empfinden verrückt, positiv verrückt. Sie mag extreme Dinge, ihre Frage war was man in Szeged machen kann. Szeged ist meine Heimat, Wahlheimat, eine Stadt im Südosten Ungarns, 170.000 Einwohner, sehr viele Studenten, die wärmste Stadt Ungarns und die Stadt mit den kürzesten Röcken, in der Stadt kenne ich mich aus! Und ich habe leichtsinniger Weise erwähnt das man in Szeged auch Fallschirmspringen kann. Ich hätte nie damit gerechnet das Frau Nachbarin das machen möchte.

Und schon war ich in der Situation, dass ich auch springen musste. Ich als Mann kann und will nicht den Schwanz einziehen wenn meine Reisebegleitung springen möchte. Das ist Ehrensache, das ist bei Todesstrafe verboten, jedenfalls für mich, da ich in Ungarn sozialisiert bin – ich sage immer das ich südländisch versaut bin. Auch wenn ich zu dem Zeitpunkt es nicht einmal gewagt habe auf ein Stuhl zu steigen, denn ich habe Höhenangst.

Also musste ich da durch, es gab kein zurück!

Mein erster Tandemsprung

Ich muss zugeben, es hat Spaß gemacht, obwohl ich extrem nervös war. Ich habe fast vor Panik gekotzt! Die Leute waren witzig drauf, irgendwie passt es. Es war ein extremer Adrenalin-Rausch, eine extreme Erfahrung. Ich musste dann im nächsten Urlaub wiederholen. Ich sage dazu „schön blöd“.

Natürlich konnte ich es nicht lassen – und da hatte ich den Sohn Dominik (13) der Tochter meiner Cousine (Nadine) mit. Sie meinte schon „Ihr baut Scheiße, ich will nicht nur nicht wissen was ihr für Scheiße baut!“

Dominik springt!

So wie das Leben spielt, ein Wort gab das andere, O-Ton „Und wann kommst du wieder? Wann machst du den dritten Sprung?“ Und ich sagte „Dann kann ich ja gleich das springen lernen!“ Und schon war irgendwie klar dass ich es lernen und ich konnte nicht zurück – vor mir! Typisch, ich hatte wieder den Mund zu weit auf gemacht.

Und am Abend haben wir die Fotos bei Facebook rein gesetzt – 20 Minuten später klingelte das Telefon. Aber nix mit Mecker vom Chef.

Springen lernen

Ich habe mit Josef, meinen Sprunglehrer, einen Termin abgemacht an dem es losgehen sollte mit dem Kurs. Das war im Oktober 2015, Ungarn hatte unter dem Ansturm der Flüchtlinge zu leiden, Röszke ist nur 10 km von Szeged entfernt, in Szeged war nationaler Notstand.

Der Flughafen war voll von ungarischer, tschechischer und polnischer Armee, der Kurs findet normalerweise im Flughafen statt. Leider war alles besetzt, so dass wir zum Lernen in meine Wohnung ausgewichen sind. Ich hatte ein Mitschüler, Janos aus Oroshaza, also ganz in der Nähe meines „ungarischen Heimatdorfes“ Kaszaper. Der war erstaunt das ich mich da ausskannte, inklusiv Discos.

Und schon gingen die Probleme los, bei mir läuft nichts, absolut nichts, normal.
Ich musste zur Flugtauglichkeitsprüfung. Die Ärztin hat mich untersucht und gesehen dass ich bestrahlt worden bin. Ihre Frage war was das ist. Ich hatte 1982 Krebs, Ewing-Sarkom. Damals haben die Ärzte mir noch 2 Wochen gegeben, wenn ich überlebe dann im Rollstuhl, von mir immer „Cabrio“ genannt. Die Ärzte verstehen bis heute nicht wieso ich gesund bin.

Die Ärztin wollte Akten von der Behandlung haben. Akten von 1982? Ronald Reagan war frisch gewählt worden, die Eiserne Lady erst kurz im Amt, in der Sowjetunion Breschnew noch an der Macht, im Fernsehen lief „Dallas“ an, die ersten 3 Folgen habe ich gesehen…
Ich bin aus dem Osten geflüchtet, August 1989, noch vor der Wende. Woher soll ich Akten bekommen? Es gibt keine, keine Chance!

Antwort der Ärztin „Dann können sie nicht springen!“. Meine Forderung war „Ich habe mein Arzt in Deutschland gefragt, der hat gesagt dass ich darf, sie soll weiter untersuchen!“

Zum Schluss meinte sie das sie die Luftfahrtbehörde fragen muss wie die Krebsart zu bewerten ist. Die Luftfahrbehörde in Budapest meinte nur dass sie noch nie so ein Fall hatten, sie schalten die Luftfahrtbundesbehörde in Deutschland ein. Die hatten aber auch noch nie so ein Fall. Also wurde die beratende Ärztin der Luftfahrtbehörde in Budapest eingeschaltet. Diese kannte die Krebsart nur aus dem Buch, sie kann es aber nicht beurteilen was für eine Folge der Krebs hat. Ich soll mich an Krebsstation an der Uniklinik in Szeged wenden. Leider war die Krebsstation überfordert, die Krebsart kommt nur bei Kindern vor. Und so musste ich zur Kinderklinik, zwischen lauter Müttern mit kleinen Kindern.

Der Arzt war natürlich auch überfordert. Ich soll dem Schicksal dankbar sein das ich lebe. Nur konnte er nicht beantworten ob mein Körper die Belastung aushält. Also einmal Röntgen und er hat mit meinem Sprunglehrer telefoniert um sich zu erkundigen welche Belastung der Körper bei dem Sport ausgesetzt ist. O-Ton von Josef „Wie wenn man von dem Küchenstuhl springt!“.

Jedenfalls habe ich die Genehmigung bekommen, auch wenn ich mich wie Larry Laffer gefühlt habe. Ich muss wohl nicht erwähnen das ich überall alles als Privatpatient bezahlen musste, natürlich hatten die Ärzte, rein zufällig versteht sich, kein Wechselgeld bei sich. Das Grinsen im Gesicht erwähne ich hier auch mal nicht, da musste ich durch.

Ich musste in 1,5 Wochen den Stoff lernen den sonst die Schüler von Josef in 3 Monaten lernen, fast alles in Einzelunterricht, zum Teil bei mir zu Haus, zum Teil im Thermalbad.

Ich beschwere mich nicht, es passt zu mir, normal kann jeder.

Die Theoretische Prüfung an der Uni in Szeged

Die Theoretische Prüfung musste ich auch ablegen. Normalerweise muss man das auf dem Flughafen, der war aber besetzt. Josef hat mich gefragt ob es mich stört wenn ich die Prüfung an der Uni ablege, er unterrichtet da einen Gruppe Studenten, die Sportgruppe „Fallschirmspringen“. Wenn ich in Ungarn in die Kinderklinik gehe dann gehe ich auch zur Uni, sehr gern sogar.

Josef hat mich auch gefragt was mein Ziel mit Fallschirmspringen ist. Natürlich möchte ich keine BASE-Sprünge machen, ich will springen lernen um regelmäßig in Szeged zu springen. Das soll einfach zu meinem Urlaub gehören. Ich will auch keinen möglichst kleinen Fallschirm haben, ich will genießen und nicht sportlich schnell runter kommen, also mit eim möglichst großen, langsamen Schirm springen. Das ist aber ganz das Gegenteil was die anderen wollen, das ist mein Weg.

Ich hatte immer das Gefühl das die Springer sehr skeptisch mir gegenüber waren, mich permanent geprüft haben. Da kommt so ein Deutscher daher gelaufen, ich kann es verstehen! Das war auf der einen Seite witzig, auf der anderen Seite echt nervig.

Die Prüfung habe ich fehlerfrei abgelegt, danach ist Josef, mein Sprunglehrer und ein anderer Schüler, den ich von dem Sprung mit meiner EX-Nachbarin kannte, zu mir nach Hause gekommen und wir haben so einige Flaschen Alkohol gelehrt, es war ein witziger Abend. Irgendwann sind beide nach Hause gegangen und ich in die Stadt, zuerst in eine Cocktailbar, dann in den „Retroclub“, meine Stammdisco. Und ich habe den freien Abend ohne Bücher genossen, in vollen Zügen, mehr sage ich nicht. So muss es sein!

Wie öffnet man die Rserve

Natürlich habe ich in den 1,5 Wochen auch Trockenübungen gehabt, also wie springe ich aus dem Flugzeug, wie ziehe ich die Reserve falls der Hauptschirm sich nicht öffnet, etc.

Wie springt man aus einer C-182?

Wie haben den Absprung, wie man fliegt und die Landung immer wieder besprochen, aber das ist alles „verkopft“, Theorie, graue Theorie.

Am Sonnabend sollte es dann endlich ernst werden, der erste eigene Sprung!

Aber der Flughafen in Szeged war gesperrt wegen dem Nationalen Notstand. Aber in Kiskunfeleshaza gab es ein Flughafen der seit 1989 gesperrt ist. Aber mit Schraubenzieher Hammer kommt man überall rein. Angeblich offiziell, ich nehme es mal so hin. Einmal Rasen mähen und los geht es. Jedenfalls waren die anderen Sprunglehrer sehr skeptisch mir gegenüber. Wie sollen sie verstehen das ich als Deutscher absolut kein Problem mit den Umständen habe, im Gegenteil, die Situation genieße? Ein Abenteuer für sich.

Natürlich musste ich als Schüler bei dem Flugbetrieb mit anfassen. Also das Flugzeug aus dem Hangar schieben, Sitze ausbauen, Kanister mit Flugbenzin schleppen etc. So etwas ist hochinteressant, für mich jedenfalls.

Ich konnte richtig spüren wie ich skeptisch beobachtet wurde. Es war den anderen Springer anzumerken das die Situation geladen war. Wir kamen auf die politische Situation zu sprechen, sprich Flüchtlinge, Merkel lädt sie ein, Ungarn weiß nicht weiter, die Grenze zu Serbien steht unter Kontrolle, damit keine Flüchtlinge durchbrechen, und ich stand als Deutscher ihnen gegenüber. Sie waren sauer das „ihr Flughafen“ gesperrt war, ich konnte sie verstehen. In Deutschland werden die Ungarn als Nazis beschimpft, obwohl sie nur national orientiert sind und keine Züge nach Auschwitz schicken. Und ich war ein Deutscher!

Nur musste ich ihnen erklären das ich ein halber Ungarn bin, meine Eltern sind Deutsch, mein Herz ist ungarisch, ich bin nicht links sondern liberal, Ungarn ist für mich nicht „faschistisch“ sondern national-konservativ, also demokratisch. Ich kenne Ungarn seit 1987, es ist meine Wahlheimat. Jedenfalls hat sich durch Gespräche die Situation entspannt. Jedenfalls war der Aspekt sehr interessant.

Dann wurden Planen ausgelegt auf denen die Fallschirme gepackt wurden, der Tag war sehr nebelig, für Oktober extrem kalt, ungemütlich. Und wir mussten dann etwas warten bis sich der Nebel aufgelöst hat. Ich nutzte die Zeit mir alles genauer anzusehen. Im Hangar standen viele alte Flugzeuge, die seit 1989 nicht bewegt worden. Überall hingen Werbeplakate aus den Achtzigern, teilweise auf Deutsch. Das war die reinste Zeitkapsel. Hochinteressant!

Irgendwann lichtet sich der Nebel.

Josef zitierte uns beide Neulinge zu sich, er befragte uns noch einmal genau ob wir wirklich springen möchten, er warnte uns das der Sprung uns verändern würde, die Veränderung ist nicht wieder rückgängig zu machen, das wird unser ganzes Leben verändern.

Janos und ich blieben dabei, wir wollen springen. Es gab kein zurück!

Janos und ich wurden angekleidet. Wir haben den Exit, also den Ausstieg aus dem Flugzeug, wiederholt geübt. Es ganze Ablauf inklusiv der Landung wurde noch einmal genau besprochen. Wir wurden mit Funkgeräten ausgestattet, bekamen den Fallschirm, alles wurde genau geprüft. Ob der Fallschirm richtig gepackt war, ob die Gurte richtig sitzen, ob das Funkgerät funktioniert, ob die Automatische Öffnung des Reserveschirms aktiviert war etc.

Und dann wurde ernst. Ab in das Flugzeug und los.

Es war ein unglaubliches Gefühl. Die Motoren donnerten, das Flugzeug rollte langsam über die Piste und hob ab. Das Gefühl war unbeschreiblich. Einerseits ging es endlich los, auf der anderen Seite hatte ich das Gefühl als schaue ich in die Fratze des Totes. Ich konnte spüren wie das Adrenalin in den Adern floss, unbeschreiblich. Ich kann es kaum in Worte fassen.

Langsam kämpfte sich das Flugzeug in die Höhe, zum einen hatte ich das Gefühl das es viel zu schnell ging, aber gleichzeitig war es eine unendlich lange Zeit. Immer wieder schaute ich auf den Höhenmesser an meinem Arm. Dann kam von Josef der Befehl das wir uns fertig machen sollen, also die Brille und den Helm aufsetzen sollten, uns auf den Sprung vorbereiten müssen.

Dann wurde ernst, die Tür des Flugzeugs ging auf, ein Sturm tobte ohrenbetäubend durch das Flugzeug, der Motor wurde gedrosselt. Es war ein Gefühl als ob die Fratze des Teufels einen anlacht, ja klar, theoretisch kann man sich noch entscheiden nicht zu springen, das bin aber nicht ich!

Zuerst ist Janos gesprungen, dann war ich an der Reihe.

Ich musste mich zur Tür bewegen, die Füße aus dem Flugzeug auf das Trittbrett stellen. Wir hatten den Ausstieg oft geübt, ohne Fallschirm, mit Fallschirm ist es aber viel schwerer, da passt man schlechter durch die Tür! Und das Flugzeug musste erst wenden, damit ich nicht das Zielgebiet verfehle. Der Wind aus der offenen Tür massiert einen durch, das sind Urgewalten! Das waren gefühlt unendliche Sekunden, als ob die Zeit stehen bleibt, ein Gefühl als unterschreibe ich mein eigenes Todesurteil. Der Kopf will springen, der Bauch streikt, alles innere wehrt sich dagegen, alles war Extrem, absolut extrem. Ich hatte das Gefühl als gehe ich freiwillig zu meiner Hinrichtung. Alles streikt und schreit „Nein mach das nicht!“, der Kopf muss stärker sein, viel stärker!“ Es ist ein Kampf des Himmels gegen die Hölle, Engel gegen Taufel!

Dann gab Josef den Befehl „Rausklettern“. Das ist die Hölle, aus dem Flugzeug zu klettern, sich an der Verstrebung des Flugzeuges festhalten, der Wind, der Lärm, der Blick in die Tiefe von über 1.200 m. Es ist so verrückt, man hat Angst, unendliche Angst, Angst runter zu fallen obwohl man einen Fallschirm hat und springen möchte, die Situation ist pervers, irreal! Dann Blickkontakt zu Josef, ich kann nicht einfach abspringen wie ich mag. Nur auf Befehl!

Sekunden später, eine gefühlte Ewigkeit, kam der Befehl „Absprung“. Es ist als springt man in den Tod. Und ich bin gesprungen! Josef sagt, ich mache, pervers!

Mein erster eigene Sprung

Ich bin in die Tiefe gefallen, Wahnsinn, der Fallschirm ging gleich auf.

1.000, 2.000, 3.000, 4.000 und Kappenchek. Der Fallschirm war auf, aber irgendwie hat sich alles gedreht, ich konnte nicht beurteilen ob ich mich drehe oder der Fallschirm. Es war so irreal, einfach abgefahren. Ich hatte einen sogenannten Line Twist, ich hing in tausend Meter Höhe, musste den Fallschirm entdrehen, es ging in einer Geschwindigkeit nach unten, der Kopf hatte irgendwie Speicherüberlauf. Mir gelang es den Schirm zu entdrehen, Gott sei Dank. Die Altenative wäre der Reserveschirm gewesen. Nur will man das? Die Reservezieht man wirklich wenn es sein muss, theoretisch könnte es passieren das er sich auch nicht öffnet, Double Malefunktion nennt sich das – doppelte Fehlfunktion. Völlig abgefahren, so ein Dreher ist normalerweise nichts schlimmes, aber beim ersten Sprung? Ich hatte Josef gewarnt, bei mir gibt es kein „Normal“. Das ist so, das muss so sein, es gibt Freunde die mich „den Untoten“ nennen.

Nachdem ich der Schirm entdreht hatte prüfte ich, ob er war rechteckig, alle Zellen gefüllt, der Slider war unten, die Leinen nicht verdreht war. Alles ok, kein Problem. Also griff ich zu den Bremsen, zog beherzt daran – so bremst also ein Fallschirm. Dann machte ich die ersten Lenkversuche. Nach rechts, nach links, wie stark reagiert der Schirm, wie reagiert er bei halb angezogener Bremse, bei voll angezogener Bremse etc.

Die Situation ist unbeschreiblich, es ist als macht man den Führerschein für das Auto und wird nach der Theorie in Hamburg in das Auto gesetzt und soll losfahren. Irre. Verrückt! In der Theorie hört sich alles ganz einfach an, aber das Wissen umzusetzen ist verdammt schwer, sehr schwer, im Alltag macht man vieles aus dem Bauch heraus, der war aber überfordert!

Mein Herz klopfte, dann bekam ich von dem „Instruktor“ Tamas Anweisungen wie ich zu fliegen habe, während Janos landete. Das größte Problem für mich war die unbekannte Umgebung. In Szeged kenne ich die ganze Umgebung. Aber hier? Puszta, überall Puszta, dann die Stadt, Strassen… Nichts kannte ich! Ich versuchte mich zu orientieren wo der Flugplatz ist, wo die Landezone ist, das war sehr schwierig. Oder war es zu viel für mein Kopf? Irgendwie näherte ich mich mit der Hilfe über Funk erfolgreich der Landezone. Die erste 90-Grad Wendung war kein Problem, die zweite auch nicht. Immer bekam ich die Anweisung über Funk.

Aber dann näherte sich der Boden mit einer rasenden Geschwindigkeit, ich bekam Panik, Speicherüberlauf, der Boden kam näher, näherte sich mir immer mehr. Am Anfang ist man nicht in der Lage die Höhe einzuschätzen. Sind es noch 10 m oder 100 m bis zum Boden? In der Situation geht alles schneller als der Kopf denken kann, für mich war es nicht mehr beherrschbar. Ich zog dann die Bremse, viel zu schnell, viel zu hoch. Dann passierte es, Reizüberflutung, die Sinneseindrücke waren so stark, ich konnte das Ganze nicht mehr verarbeiten. Ich merkte nur das etwas nicht stimmt, nicht stimmen kann. Hier geht etwas schief – nur was? Ich war nicht in der Lage zu erkennen was passiert… Ich hing hilflos am Schirm, ohne Orientierung, verstand nicht was passiert. Chaos im geschehen, Chaos in den Sinneseindrücken, Chaos im Kopf

Alles drehte sich, ganz schnell, irgendwie, ich verlor absolut die Kontrolle, konnte die Situation nicht mehr erfassen und beurteilen. Nichts! Was geht hier ab? Was läuft gerade? Sterbe ich jetzt?

Und dann schlug ich auf dem Rasen auf, in meinen Erinnerungen spielt sich die Situation wie ein Film in Zeitlupe ab. Ich schlug zuerst mit den Füßen auf, rückwärts, die Füße waren angewinkelt, es drückte sie nach vorn, ich war angespannt wie noch nie. Sie flogen förmlich nach vorn, obwohl die Muskeln und Sehnen bis zum Zerreisen angespannt waren. Dann schlug ich mit dem Hinterteil auf, dann mit dem Rücken. Das war mein Glück, vorwärts hätte es mir die Beine und das Becken zertrümmert. Auf der Brust war das Funkgerät, mir hätte es die Brust zerschmettert. Beim läuft immer alles so Scheiße das es wieder passt, wie die Faust auf das Auge, typisch für mich. Albert Einstein hat mal gesagt „Gott würfelt nicht!“

Der Aufschlag war aber so ein Schmerz, ein unendlich starker Schmerz, so als zerreißt es mich in tausend Stücke.

Der Schmerz war für Sekundenbruchteile so unbeschreiblich stark, die Hölle auf Erden. Ich kenne vieles, aber das war unbeschreiblich.

Dann lag ich im Gras. Die Gedanken waren unbeschreiblich. Was ist jetzt passiert? Was ist los? Und dann diese Stille, eine unendliche Stille. Als ob die Zeit stehen geblieben ist. Lebe ich noch? Verliere ich Blut? Verändern sich die Sinneseindrücke? Kann ich meine Arme bewegen, fühle ich meine Füße noch, ich machte leichte Bewegungen mit dem Rücken, ganz vorsichtig. Alles schien ok zu sein, aber ich blieb liegen, ich wusste nicht was ich machen soll.

Schon kam die Freundin von Josef und der Instruktor angelaufen. „Lebst du noch? Lebst du noch?“. „Ja, ich lebe noch, mir geht es gut!“, ich richtete mich ganz langsam mit dem Oberkörper auf, sie halfen mir den Fallschirm los zu werden, nicht das eine Windböe mich hinterherzieht.

„Hast du Schmerzen?“ war die nächste Frage. „Ja, klar, aber es geht“.

„Wo tut es weh?“ „Überall.“

Sie halfen mir vorsichtig auf, ich sollte fühlen ob etwas gebrochen ist. Nein.

Ich lief gefühlte 500 m, es müssen nur wenige Meter gewesen sein. Dann musste ich mich auf den Rasen legen. Der Kreislauf machte nicht mehr mit. Josef war inzwischen gelandet und kam an, er wollte wissen wie es mir geht. Er war nahe daran den Krankenwagen zu bestellen. Ich hatte aber nichts! Nur Schmerzen, der Kreislauf war kaputt, es war zu viel für mein Kopf.

Ich stand irgendwann auf, lief zu den anderen, setzte mich auf ein Sitzkissen, ich fühlte mich wie gegen die Wand gelaufen, zerschlagen, fertig. Was zum Teufel ist passiert? Was ist mit mir los? Was ist passiert? Ich verstand die Welt nicht mehr…

Mir tat das Hinterteil weh, der Kreislauf war völlig kaputt, alles drehte sich um mich.

Mir wurde Wasser gebracht, Kaffee, immer wieder die Frage ob ein Krankenwagen kommen soll. Mal legte mich in das Gras, mal setzte ich mich hin, mal lief ich eine kleine Runde. Ausnahmezustand für Kopf und Körper.

Irgendwann kam der ältere Herr, Typ Almöhi, der das Flugzeug betankt und beim Packen der Fallschirme half. Ich sollte meine Hände nach vorn ausstrecken. Sie zitterten wie Espenlaub. Er lachte aus vollem Herzen „Panik, das ist normal, das ist nichts schlimmes!“. Sehr beruhigend!

In der Zwischenzeit kamen Kunden die Tandemsprünge machen wollten.

Janos meinte das es besser wäre wenn wir in die Stadt fahren, ich vermute das ich in dem Zustand nicht gut für das Geschäft war. Das kann ich verstehen, die Kunden sind so schon in Panik und dann sitze ich so fertig da, das geht nicht. Wir sind in die Stadt gefahren, haben Kaffee getrunken, auf dem Foto sehe ich extrem blass aus. Ist es ein Wunder?

Dann haben wir essen für alle besorgt und es ging es zurück zum Flugplatz.

Mein Körper fühlte sich wie zerschlagen an, als ob ich unter einen Dampfhammer gekommen bin. Aber alles war ganz, es waren nur Schmerzen, kein Bruch, keine Ausfälle, nichts. Ich hoffte das ich mit einem blauen Auge davon gekommen bin. Wenn ich nur wüsste was passiert ist…

Josef zeigte uns auch das Video von unserem Absprung, zu mir sagte er nicht viel. Er wollte später mit mir sprechen.

Ich setzte mich zu den Packern um nicht die Kunden zu verschrecken und beobachtete wie sie die Fallschirme packten. Um zu helfen taten mir alle Knochen zu weh. Ich habe mal hier und mal da den Versuch unternommen zu helfen, aber der Körper wollte nicht und ich war auch durch den Wind.

Also habe ich so manches nette Filmchen gedreht.

Fallschirm packen

Janos ist noch einmal gesprungen, ich blieb lieber auf dem Boden. Nicht weil ich Angst hatte, sondern es war zu viel für mich, ich fühlte mich nicht bereit dazu. Wenn der Körper nein sagt ist halt nein!

Janos springt!

Am Abend fragte mich Josef ob ich nach Szeged möchte oder auf dem Flugplatz bleiben und übernachten möchte. Was soll ich in Szeged, in dem Zustand kann ich nicht in den Retroclub! Und ich bin da um Fallschirmspringen zu lernen. Also blieb ich da. Keine Frage.

Der Flughafen war bis 1989 in der Hand von dem MHSZ (Ungarische Heimatverteidigung) , das war eine Organisation wie in der „DDR“ die GST, also zur vormilitärischen Ausbildung.
Es gab die Möglichkeiten auf dem Flugplatz zu übernachten. Wir kamen überall mit Schraubenzieher und Hammer rein. Die Betten waren seit 25 Jahren unbenutzt, fragt nicht nach dem Geruch, alles muffig, alles alt.

Josef, mein Sprunglehrer, hat mit 15 auf dem Flugplatz das Springen und packen gelernt, heute ist er 47, das Gebäude war wie eine Zeitkapsel. Wir begaben uns mit einer Taschenlampe auf Expedition. Überall noch Plakate aus dem Sozialismus. „Es lebe der erste ungarische Kosmonaut!“, „Es lebe die brüderliche Freundschaft zwischen der Republik Ungarn und Jugoslawien“, „Jungs und Mädchen kommt zu uns…“. In der Ecke stand der Staubsauger „Rakete“. Das Inventarverzeichnis war von 1983, mein Sprunglehrer fühlte sich in seine Jugend zurück versetzt. Wir sprachen, rein philosophisch natürlich, von der alten Zeit. Er fand die Zeit damals gut, ich war ein Gegner des Kommunismus. Wir verstanden uns obwohl wir sehr unterschiedliche Ansichten über die damalige Zeit haben. Es menschelte halt. In den Augen von Josef war ein Leuchten zu sehen, die Erinnerung an die Jugend.

Jedenfalls entspannte sich die Lage zwischen den anderen Springern und mir immer mehr, als sie spürten das ich, obwohl ich aus Deutschland komme, kein Problem mit den Umständen hatte. Warum auch. Bin ich etwas Besseres? Nein, ich war dankbar das ich das erleben durfte. Das war ein Erlebnis für sich!

Es gab fast kein Strom, kein Wasser, keine Heizung, keine Duschen, nichts. Wir öffneten noch weitere Schlafräume mit Schraubenzieher und Hammer, die Betten waren auch seit 25 Jahren unbenutzt, kein Problem, Abenteuer pur.

Die Türen werden mit Schraubenzierh und Hammer geöffnet

Dann erfolgte die Taufe von Janos und mir, das musste sein, nach alter Tradition.

Danach ging in den Aufenthaltsraum. Da stand der Instrukor mit einer Wasserflasche – Kenner wissen das da aber Schwarzgebrannter drin war. Er fragte ob ich etwas trinken möchte. „Ja, was hast du?“. Cola, Wasser, Wein, Schnaps. Meine Frage war „Schnaps? Haszi-Palinka?“ Also ob er Scharzgebrannten hat. „Igen! (JA!)“. Er schüttelte nur noch den Kopf und seine Augen leuchteten und er konnte nicht mehr vor lachen – ein deutscher der Schwarzgebrannten kennt und trinkt. Und so tranken wir einige Palinka, der hat so ca. 55 % Alkohol und schmeckt sehr lecker.

Und dann verschüttete er noch das gute Gesöff. Ich fragte ihn ob er Russe sei, weil ihm die Gläser zu klein sind. Da passen keine „sto Gramm“ (russisch – 100 Gram) rein. Er konnte nicht mehr vor lachen, er hat Tränen gelacht! Heute weiß ich das ich ein Mitglied der ungarischen Nationalmannschaft und Weltmeister als Russen bezeichnet habe. Er fand es witzig. Es menschelte halt.

Wir fuhren dann in die Stadt um etwas zu essen. Natürlich machten wir Späße, wie jemanden der auf dem WC war viel scharfen Paprika in das Bier zu kippen, wir unterhielten uns, auch über die Politik, wie ich es sehe, was ich von Ungarn denke, das ganze wurde echt freundschaftlich, wir soffen, wir feierten, so wie es sein muss.

Und irgendwann erzählte mir der Instruktor, betrunken wie wir waren, was eigentlich bei dem Sprung passiert ist, was ich falsch gemacht habe.

Ich habe zu hoch die Bremsen viel zu schnell angezogen, der Schirm ist nach hinten gekippt, dann habe ich vor Panik die Bremsen gelöst, das ist bei Todesstrafe verboten, das ist kreuzgefährlich, das haben wir vorher auch gelernt. Ich hing an dem Fallschirm wie ein Pendel, bin dann aus ca. 20 m auf den Boden aufgeschlagen, Tendenz eher 25 m als 15 m. Normalerweise überlebt man das nicht. Ich habe Glück, verdammtes Glück.

Josef erzählte mir das meine Körperhaltung bei dem Absprung vom Flugzeug nicht korrekt war, ich habe mein Becken nicht weit genug nach vorn gestreckt. Daher habe ich mich gedreht und die Leinen vom Fallschirm aufgedreht.

Endlich verstand ich was passiert ist, realisiert hatte ich es aber noch nicht richtig. Der Kopf hat es verstanden, der Bauch noch nicht.

Dann ging es zurück zum Flugplatz. Ich bekam auch ein Schlafsack, ich nahm eine Schlaftablette um trotz Schmerzen einzuschlafen.

Am nächsten Morgen frühstückten wir, es war kalt, die anderen sprangen aus dem Flugzeug, mein Körper tat noch weh, also habe ich es gelassen. Es war auch besser so. Ich passte beim Packen der Fallschirme auf, half wo ich konnte. Es kamen viele Kunden die Tandemsprünge machten, ein ganz normaler Tag auf dem Flugplatz. Kinder spielten am Rand Fußball, die Sonne schien, die Motoren donnerten, viele sprangen aus dem Flugzeug.

Am Abend packten wir alles zusammen, und Josef sprach dann als Abschlussgespräch mit mir wie ich das ganze sehe.

„Ja klar, der Sturz war hart, ich habe verdammtes Glück gehabt, es war mein Fehler, absolut mein Fehler. Der Fehler darf nie, nie wieder passieren! Dafür könnt ihr nichts!“

Josef meinte nur „Gut, da hast du nicht nur etwas für das Fallschirmspringen gelernt, sondern auch für das Leben!“ Ich vermute er wollte wissen ob ich die Schuld bei mir suche oder bei den anderen. Aber bei dem Sport bin ich nur für mich verantwortlich, nur für mich. Wenn etwas passiert habe ich einen Fehler gemacht.

Dann wollte er wissen ob ich weiter machen möchte.

„Ja, wenn alles ok ist möchte ich weiter machen. Aber ich muss dann gegen die Angst kämpfen und körperlich muss alles ok sein.“

Josef hat natürlich nachgefragt ob das wirklich mein Wille ist, es sei kein Problem wenn ich jetzt aussteige. Ich soll es ehrlich sagen.

„Nein, ich bleibe dabei, ich will weiter machen“.

Seine Antwort war „Du bist hart im Nehmen, du passt zu uns, du bist einer von uns, willkommen im Club!“ Das war für mich die größte Auszeichnung meines Lebens. Irgendwie passt es, ich fühle mich zu Hause, angekommen.

Wir fuhren zurück nach Szeged, wir philosophierten wie der Mensch beim Springen reagiert.

Es gäbe Menschen ohne echte Gefühle, denen macht das Springen nicht viel aus, das ist für sie wie Treppen steigen, es gäbe aber auch Menschen mit sehr starken Gefühlen, die hätten auch sehr große Angst, wenn sie aber es schaffen sind sie perfekte Springer. Der Anfang wäre aber sehr, sehr hart für sie. Und genau zu der Gruppe würde ich gehören.

Ich packte zu Hause in Szeged meine Sachen ein, vorsichtshalber nahm ich nur das nötigste mit und der Rest blieb in meiner Wohnung. Am Montag ging es mit der Bahn nach Budapest, von da aus mit dem Flieger nach Hamburg, gleich ab zur Firma, arbeiten muss sein! Natürlich waren die Kollegen gespannt was passiert ist. „Ich bin abgestürzt aus 20 m.“ Von einem Kollegen kam der Kommentar „Das passiert halt wenn man in Osteuropa springt!“. Als funktioniert in Deutschland der Fallschirm anders, ich habe den Fehler gemacht obwohl wir es vorher alles besprochen habe. Ich hätte es mit der Sprungschule nicht besser treffen können!

Dienstag zur Firma, Mittwoche bin ich aber aus Vorsicht zum Arzt, der hat geröntgt, und festgestellt das etwas an der Wirbelsäule nicht stimmt. Daher mußte ich zu einem Facharzt für die Wirbelsäule, der zur mich zu CT schickte. Es wurde festgestellt das ich mir ein Wirbel angebrochen habe, der Röntgenarzt und der „Wirbelarzt‘“ haben diskutiert ob es eine stabile oder instabile Fraktur ist. Zum Glück war es eine stabile Fraktur. Die Schwester an der Rezeption wollte wissen wie das passiert ist und ob ich wieder springen möchte. Das Strahlen in den Augen soll mir immer wieder begegnen. Verrückt, wie sich die Reaktion der Frauen verändert.

Ich habe ich ein Korsett bekommen das ich fast 2 Monate tragen musste. In der Zeit konnte ich nicht im Bett schlafen, nur im Wohnzimmer. Ich durfte und konnte nicht viel machen, ich hatte viel Zeit nachzudenken. Ich konnte weder putzen, noch im Garten arbeiten, noch zur Disco, nichts. Ich beschäftigte mich daher viel mit dem Thema Angst. Angsttheorie, wie entsteht Panik, wie kann man dagegen ankämpfen.

Der Arzt meinte das ich jetzt zur Schmerztherapie muss. Welche Schmerzen? Welchen Wirbel habe ich mir eigentlich angebrochen? Wo ist er? Ich weiß bis heute nicht wo der 12. Brustwirbel ist. Was schmerzt waren die Prellungen des Hinterteils. In der Firma auf dem Bürostuhl zu sitzen war arg anstrengend. Und jetzt schmerzen ab und zu die Rippen, die sind wohl arg verbogen worden bei dem Aufprall. Das sind nur Schmerzen, positive Schmerzen, was soll es. Da muss ich durch, das gehört dazu.

Tatsache ist das mich der Sprung verändert hat. Absolut und positiv.

Diese Veränderung ist auch nicht reversibel, sie ist für immer, wie eine Narbe in der Seele, nur das sie positiv ist. Absolut irre das ganze!

Ich habe keine Probleme mehr anderen zu sagen was mir nicht passt.

Ich habe jede Form der Angst vor dem Tot verloren.

Mir sind viele Sachen unwichtig geworden, die Prioritäten im Leben sind noch mehr verschoben, ich war vorher schon extrem, jetzt noch mehr.

Und mein Zeitempfinden ist verändert. Als Kind war ein Tag unendlich lang, mit dem Alter werden sie kürzer. Jetzt sind die Tage wieder unendlich lang.

Ich fühle mich so als hätte jemand den Resetknopf im Kopf gedrückt. Verrückt. Und ich habe keinen Schock, nichts. Ich muss eine Nerven wie aus Eisen haben. Freunde sagen ich hätte eine Seele wie ein Norddeutsches Kaltblutpferd! Keine Ahnung, normal bin ich jedenfalls nicht.

Weihnachten habe ich mit Josef den Schlachtplan gemacht wie es weiter geht.

Ich ziehe jetzt ein Fitnessprogramm durch, so 3-4 mal in der Woche zum Sport.
Mein Körper hat in der Zeit mit dem Korsett sehr stark abgebaut. Jetzt erholt er sich, ich werde kräftiger. Das ist auch wichtig, damit ich ein gutes Körpergefühl habe.

Ein anderer Springer meinte das ich mir zu viel Sorgen mache, ich soll nur 10 mal am Tag aus dem Flugzeug springen. Ja, der Springer hat gut reden mit seinen über 6.000 Sprüngen. Ich darf nur keine Scheiße bei den nächsten Sprüngen machen. Das kann tödlich enden! Ich will leben! Also muß ich vor den 10 Sprüngen zuerst mein Programm durchziehen, ich muss!

Kollegen haben mich gefragt ob ich „Mister Bad Schwartau“ werden möchte. Nein, ich will nur springen. Ich will, ich muss!

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